Posterpräsentation berufsständische Selbstverwaltung auf der 7. int. Konferenz der DGHWI

Prof. Dr. Ruth Martis, Andrea Villmar und Prof. Michaela Michel-Schuldt präsentierten ihr Poster mit dem Titel „Wer „A“ wie Akademisierung sagt, muss auch „B“ wie berufsständische Selbstverwaltung sagen“ bei der 7. internationalen Konferenz der DGHWI. Der abstract und das Poster als pdf ist bei GMS hinterlegt

https://www.egms.de/static/de/meetings/dghwi2024/24dghwi63.shtml

Hintergrund: Nach Klemmt weist Professionalisierung basierend auf dem merkmalstheoretischen Ansatz verschiedene Merkmale auf. Einige dieser Merkmale sind nach einer Analyse zum Stand der Professionalisierung des Hebammenwesens in insgesamt 29 europäischen Ländern bereits umgesetzt oder auf dem Weg dorthin. So seien in den meisten Ländern Fortschritte bei der Professionalisierung des Hebammenwesens durch die Verlagerung der Ausbildung in den Hochschulbereich erzielt worden, verbunden mit Möglichkeiten zum postgradualen Studium und zur Forschung. Merkmale, die in den Bereich der Regulierung des Hebammenwesens fallen, stehen derzeit weniger im Fokus der Professionalisierungsdebatte. Konkret sind dies Fach- und Sachautonomie bei der Berufsausübung, exklusive Berechtigung/Lizensierung bei der Berufsausübung, verpflichtende berufsständische Normen in Form von Ethikkodizes sowie kollegiale Selbstkontrolle und die Herausbildung und Etablierung von selbstverwaltenden berufsständischen Organisationen. Letzterer Punkt soll im Fokus dieser Arbeit stehen.

Ziel/Fragestellung: Welche Möglichkeiten und Formen der Etablierung von berufsständischen Gremien der Selbstverwaltung des Hebammenwesens existieren international? Lassen sich darunter Best Practice Beispiele finden und wie lassen sich diese auf Deutschland übertragen?

Methodik: Im Rahmen einer Politikanalyse mittels Analyse von Dokumenten wurde zunächst der internationale Kontext zur berufsständischen Selbstverwaltung basierend auf den globalen Standard zur Regulierung des Hebammenberufes der International Confederation of Midwives (ICM) betrachtet. Selbstverwaltete berufsständische Organisationen (Berufskammern, -räte, -gremien) verschiedener Länder wurden am ICM Standard gemessen und Best Practice Beispiele wurden auf deren Übertragbarkeit auf das deutsche (Gesundheits-) politische System geprüft.

Ergebnisse: Das Midwifery Council in Neuseeland setzt als berufsständisches Organ der Selbstverwaltung alle Punkte des ICM Standards um. Art und Umfang der Hebammenleistungen (z.B. Berufsordnung) werden vom Council festgelegt, ebenso die Kompetenzen und Regelungen für Ausbildung/Studium; das Midwifery Council organisiert die verpflichtende Registrierung/Lizenzierung und ist für die Einhaltung von Re-Lizenzierung und damit dem Erhalt und Erweiterung der Kompetenz zuständig. Es reguliert Fort- und Weiterbildung und hat ein Beschwerdesystem etabliert, welches auch Sanktionen verhängen kann. Ein verpflichtender Verhaltenskodex/bzw. eine Berufsethik existiert. Ziel der Regulation ist der Schutz der Leistungsnehmer*innen, daher sind diese im Vorstand des Midwifery Councils vertreten. Eine Übertragung auf das deutsche politische System ist weitestgehend möglich und könnte der Stärkung der Professionalisierung des Hebammenwesens dienen.

Relevanz: Hebammen in Deutschland sind auf dem Weg der Professionalisierung. Neben der bereits erfolgten Akademisierung kann der Fokus nun auf den Bereich Selbstregulierung gelegt werden.

Empfehlungen/Schlussfolgerung: Die Etablierung einer selbstverwalteten berufsständischen Organisation um Selbstregulierung basierend auf internationalen Standards zu stärken ist der nächste notwendige Schritt auf dem Weg zur Professionalisierung des Hebammenwesens in Deutschland.

Ethik und Interessenkonflikte: Es war nicht notwendig, die Forschungsarbeit einer Ethikkommission vorzulegen. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.“

Vortrag „The status of midwifery regulation in Germany – findings from the application of the ICM gap analysis tool“ auf dem Kongress der International Confederation of Midwives

Auf dem Kongress der International Confederation of Midwives in Bali, Indonesien im Juni 2023 wurden die Ergebnisse der Arbeit der Projektgruppe des DHVs zum Thema Regulierung und Selbstverwaltung ebenfalls vorgestellt.

Abstract

Authors: Michaela Michel-Schuldt, Hilke Schauland, Barbara Blomeier, Judith Otter, Denize
Krauspenhaar, Lea Beckmann, Jutta Eichenauer.
Introduction: In 2018, we received the mandate by the national assembly of the German
Midwives Association to work on a project raising the status of midwives
through regulation. For this purpose, we formed a group comprising of midwives
with experiences in the field. We used the ICM Regulation Toolkit and followed
the first three steps: we developed our capacity to understand midwifery
regulation, assessed the current status through the application of the gap
analysis tool and identified goals.
Discussion: Many areas are already regulated by midwives’ themselves but also by other
bodies including governmental structures or even health insurance companies.
Legislation exists which provides competence-based education that meets
international standards and continuous professional development. It includes a
scope of practice that allows midwives to practice autonomously and which
enables women to access midwife-led continuity of care. Compared to other
health professions however, midwives in Germany do not have an autonomous
regulatory body and a chief government midwife position is missing. A
professional register and relicensing system for midwives does not exist, and
code of conduct and ethical standards are not binding. Mechanisms for
complaints and discipline show severe gaps. Most women seek antenatal care by
obstetricians and the majority of births take place in obstetric-led settings. Often,
midwives are excluded from decision-making at all levels, including policy.
Application to midwifery practice, education or regulation/policy
The findings of the analysis will be presented to the delegates of the national
assembly of the German Midwives Association. According to the ICM regulation
toolkit, the next steps including the development of a strategy will follow.
Evidence if relevant: The use of the ICM gap analysis tool was useful to systematically assess the status of regulation of midwives in Germany.
Key message: The project group’s analysis shows that some areas in the field of midwifery
regulation do meet the ICM standards, some areas however, show severe gaps.